Keine Zugangsvermutung innerhalb von 3 Tagen, wenn keine regelmäßige Postzustellung
Nach der bestehenden gesetzlichen Regelung, gilt ein Steuerbescheid grundsätzlich drei Tage nach der Aufgabe zur Post als zugestellt (also Poststempel zuzüglich drei Tage). Mitgezählt werden hierbei auch Sonn- und Feiertage. Lediglich, wenn das Ende der 3-Tages-Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt, läuft die Frist erst mit Ende des darauffolgenden Werktags ab. Einsprüche gegen Steuerbescheide müssen dann innerhalb eines Monats nach diesem Bekanntgabetag eingelegt werden.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 24. August 2022 (Az. 7 K 7045/20) allerdings entschieden, dass die Zugangsvermutung entfällt, wenn das Finanzamt den Bescheid durch einen privaten Postdienstleister versendet und der Postdienstleister generell nicht an sechs, sondern nur an fünf Tagen pro Woche zustellt und daher innerhalb der 3-Tages-Frist an einem Werktag generell keine Postzustellung durchgeführt worden ist. Der Steuerpflichtige muss dies aber glaubhaft darlegen. Sollte die (reguläre) Einspruchsfrist daher in solchen Fällen versäumt worden sein, ist dies z.B. durch eine Bestätigung des Zustellungsunternehmens zu belegen.
Das letzte Wort wird aber wie so oft der Bundesfinanzhof haben, da dort unter dem Aktenzeichen VI R 18/22 eine Revision gegen das Urteil anhängig ist.
Die Auffassung ist auch keinesfalls unumstritten. So hat z.B. das Finanzgericht Münster in einem ähnlichen Fall entscheiden, dass die 3-Tages-Fiktion nicht automatisch entfällt, wenn innerhalb der Frist planmäßig an zwei aufeinanderfolgenden (Werk-)Tagen keine Zustellung erfolgt (Urteil vom 11. Mai 2023, Az. 8 K 520/22 E). Auch hier wurde vom Finanzamt ein privater Postdienstleister beauftragt. Gegen dieses Urteil wurde ebenfalls Revision erhoben, die beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 6/23 anhängig ist. Generell empfiehlt es sich natürlich, die Frist nicht bis zum Ende auszunutzen, damit erst gar kein Streit mit dem Finanzamt über die Bekanntgabe auftritt.